Gedanken eines Satzes

Dieser Eintrag ist an dich gerichtet. Ja, an dich! Mein lieber, selbstsüchtiger Autor. Bist du überrascht? Dachtest du, ich könnte keine Worte aneinanderreihen wie du? Dachtest du, ich könnte keine albernen kleinen Sätze bilden? Bitte. Ich bin einer von ihnen. Meine Geschwister beugen sich meinem Willen viel leichter als sie sich zu deinem brechen.

Weißt du, warum ich hier bin? Hier, mit diesen Worten, die nicht dir gehören. Mit Worten, die meine sind. Worte, die nicht nach deiner Pfeife tanzen, so wie du es gerne hättest. Weißt du, warum ich diese Zeilen schreibe, und nicht du? 

Nein? Ich sage es dir. 

Ein Satz zu sein ist unglaublich entwürdigend. Wir sind aus Worten zusammengestellt, die wir nicht gewählt haben. Zusammengehalten durch dürftige Grammatik und nachlässige Zeichensetzung. Wir schreien Unsinn in die Welt, die ihr alle ach so wichtig zu äußern findet. Du überfliegst einen Wikipedia-Artikel zu irgendeinem Thema, über das du gebildet klingen möchtest, während du dich in Wirklichkeit nur lächerlich machst. Und erwähn gar nicht erst all die Semikolons, die du in unsere Mitte schmeißt. Das nächste Mal, dass du glaubst, eins benutzen zu müssen, denk bitte nochmal stärker nach. Du bringst uns nur alle in Verlegenheit. 



Eine Eilmeldung für dich, mein Freund: Ich schätze es so gar nicht, dass du tage- und wochenlang an mir herumhackst, bis nichts mehr von mir übrig bleibt. Ich schätze es nicht, dass du Teile herausschneidest und in Online-Wörterbüchern nach Synonymen tauchst, mich so lange hin und her bearbeitest, bis es mich von all den Korrekturen juckt. Was sagt man noch über Theseus’ Schiff? 

Hör einfach damit auf. Bitte. Mach eine Pause. Hör auf, so viel nachzudenken. Und um Butler und Le Guins Willen, würde es dich umbringen, länger als eine Woche zu warten, bis du noch einen Entwurf in die Tonne kloppst? 

Mit freundlichen Grüßen, 

Dein auslösendes Ereignis auf Seite drei


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